Helmut Schmidt – auf eine letzte Zigarette!
Wenn es einen Tag gibt, an dem man die Fahnen im Gedenken an einen wirklich großen Staatsmann auf Halbmast setzen muss, dann ist es der 10. November 2015.
Helmut Schmidt, der Hanseat, der wohl größte und respektierteste Politiker der Bundesrepublik Deutschland, das politische Gewissen der deutschen Nation, der Europäer und Weltbürger – er hat die politische Bühne für immer verlassen.
Der Altkanzler war nicht nur eine politische Instanz der man zugehört und vertraut hat, er war und ist auch der Erste und Einzige, bei dem die Antworten auf Fragen die er nicht geben hat, oder nicht geben wollte, interessant gewesen wären.
Nicht gegebene Antworten auf Fragen unserer Zeit, deren Beantwortung wir heute ganz sicher falsch interpretiert hätten, weil wir die dahinter steckende Logik aus fast 100 Jahren Lebenserfahrung, wahrscheinlich erst in 20 oder 30 Jahren verstehen und auch richtig einordnen können wenn wir die Antworten kennen, wenn uns dann die erschreckende Wahrheit der Antwort zu Füßen liegt und wir an seinen Blick denken, aus dem wir eigentlich schon damals die richtige Antwort hätten herauslesen können.
Dabei begann seine Karriere als politisches Gewissen Deutschlands eigentlich erst nach seiner Zeit als Bundeskanzler. In Zeiten wo andere Altkanzler im Sumpf von Spendenaffären verschwanden, stand Helmut Schmidt als Altkanzler vor seinem Publikum Deutschland und schilderte uns, durch den Qualm seiner Zigarette hindurch, seine Sicht der Dinge – und immer bis zu dem Punkt von dem er wusste, das er auch verstanden werden würde.
Bis ins hohe Alter und ohne Müde zu werden, prägte Helmut das politische Geschehen in Deutschland, ohne ein politisches Amt inne zu haben. Das Ganze nicht etwa um sich Gehör zu verschaffen, nein, weil die Menschen in Deutschland ihn hören wollten. Er war prägend für die Kindheit, Jugend und das Leben von vielen.
Wie gebannt lauschten alle seinen Worten. Seine Zuhörer wussten immer, das da jemand mit – und aus Erfahrung spricht, weil sich Helmut Schmidt mit der ganzen Welt beschäftigte. Er kannte und analysierte West und Ost und hatte damit einen realistischen Blick auf die Welt und die Entwicklungen die darin kurz-, mittel-, und langfristig passieren werden.
Es war das reine Vergnügen, Helmut Schmidt beim Denken zuzusehen und beim Reden zuzuhören. Auf eine Fragestellung kam meistens als erstes eine Kunstpause, dann ein Zug an der Zigarette, und dann kam ein druckreifer Satz, eine geschliffene, dabei oft bitterböse Pointe, eine kurze Bemerkung, die eine langatmig formulierte, hochambitionierte Frage des Gegenübers einfach so in sich zusammenfallen ließ. Ganz trocken und einfach Genial.
Wenn es vorbei ist, dann ist es vorbei, sagte Helmut Schmidt einmal über das Leben und nun ist es leider soweit. Die letzte, seiner geschätzten knapp zwei Millionen Zigaretten ist geraucht, sein Klavier ist verstummt. Es ist vorbei. Deutschland, Europa und die ganze Welt verneigt sich und sagt Danke, Helmut Schmidt!
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